Erste-Hilfe am Arbeitsplatz: Diese Pflichten müssen Arbeitgeber kennen
Warum Erste-Hilfe am Arbeitsplatz so wichtig ist
Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit – und schon ist es passiert: Ein Kollege stolpert auf der Treppe, eine Mitarbeiterin verletzt sich an der Maschine oder im Büro wird jemand plötzlich ohnmächtig. Solche Situationen kommen im Arbeitsalltag häufiger vor, als man denkt. Und sie zeigen: Wenn ein Notfall eintritt, zählt jede Minute.
Umso wichtiger ist es, dass im Betrieb nicht nur Verbandkästen vorhanden sind, sondern auch klar ist, wer was wann tun muss. Denn Erste-Hilfe am Arbeitsplatz ist nicht nur eine Frage des gesunden Menschenverstands – sie ist gesetzlich vorgeschrieben. Doch was genau verlangt der Gesetzgeber? Welche Maßnahmen sind wirklich sinnvoll – und wie können Unternehmen dafür sorgen, dass im Ernstfall nicht Panik, sondern Hilfe das Kommando übernimmt?
In diesem Beitrag erfährst du, was das Gesetz vorgibt, wie Unternehmen Erste-Hilfe am Arbeitsplatz sinnvoll umsetzen können – und warum es sich lohnt, das Thema nicht nur auf dem Papier ernst zu nehmen.
Rechtliche Grundlagen: Das verlangt der Gesetzgeber
Arbeitsschutzgesetz und DGUV Vorschrift 1
In Deutschland ist die Erste-Hilfe am Arbeitsplatz durch mehrere Regelwerke verbindlich geregelt. Die wichtigsten Vorschriften ergeben sich aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ und der Arbeitsstättenverordnung.
Konkrete Vorgaben für Arbeitgeber
Das bedeutet im Detail:
Erste-Hilfe-Material
In jedem Betrieb muss eine ausreichende Anzahl an Verbandkästen vorhanden und leicht zugänglich sein. Die Inhalte müssen regelmäßig geprüft und ergänzt werden.
Ersthelfer*innen
Ab einer bestimmten Betriebsgröße muss der Arbeitgeber eine festgelegte Anzahl an Ersthelfer*innen benennen und deren Ausbildung organisieren. Bei bis zu 20 anwesenden Mitarbeitenden reicht ein Ersthelfer, ab 21 müssen mindestens 10 % der Beschäftigten geschult sein.
Aushänge und Notrufnummern
Informationen zur Ersten-Hilfe (z. B. Standort der Verbandkästen, Namen der Ersthelfer*innen, Notrufnummern) müssen gut sichtbar angebracht sein.
Organisation und Dokumentation
Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass Notfälle gemeldet, dokumentiert und nachbearbeitet werden können. Dazu gehört auch ein funktionierendes Meldesystem an die Berufsgenossenschaft bei meldepflichtigen Unfällen.
Praktische Maßnahmen für mehr Sicherheit
Neben den gesetzlichen Mindeststandards können Arbeitgeber eine Reihe von Maßnahmen umsetzen, um die Erste-Hilfe am Arbeitsplatz wirksam zu verbessern:
1. Regelmäßige Schulungen
Ein Erste-Hilfe-Kurs sollte nicht nur einmal absolviert und dann vergessen werden. Regelmäßige Auffrischungen sind essenziell, damit Mitarbeitende im Ernstfall richtig reagieren. Die DGUV empfiehlt eine Wiederholung alle zwei Jahre – auch bei geringem Unfallrisiko.
2. Spezifische Schulung je nach Branche
Nicht jeder Arbeitsplatz ist gleich: In Pflegeberufen sind andere Notfälle zu erwarten als in einem technischen Betrieb. Entsprechend sinnvoll sind passgenaue Erste-Hilfe-Schulungen, die auf typische Szenarien eingehen – von Reanimation bis zu Schnittwunden oder psychischen Ausnahmesituationen.
3. Erste-Hilfe-Stationen und AEDs
In größeren oder unübersichtlichen Betrieben lohnt sich die Einrichtung von gut erkennbaren Erste-Hilfe-Stationen mit Verbandmaterial, Augenspülung, Handschuhen und Checklisten. Auch ein automatisierter externer Defibrillator (AED) kann lebensrettend sein, besonders bei plötzlichem Herzstillstand.
4. Notfallübungen und Alarmpläne
Wissen allein reicht nicht aus. Entscheidend ist die praktische Umsetzung. Notfallübungen und das Einüben von Alarmketten stärken das Sicherheitsgefühl im Team und stellen sicher, dass im Ernstfall jeder Handgriff sitzt.
Wer haftet im Notfall?
Viele Menschen zögern aus Angst, etwas falsch zu machen. Dabei sind betrieblich eingesetzte Ersthelfer*innen rechtlich abgesichert: Wer im Rahmen der Ausbildung und im Ernstfall Erste-Hilfe leistet, haftet nicht, wenn dabei unbeabsichtigt ein Schaden entsteht (§ 323c StGB, § 680 BGB). Arbeitgeber sollten ihre Mitarbeitenden offen über diese Rechtssicherheit informieren, um die Bereitschaft zur Hilfe zu stärken.
Fazit: Sicherheit ist kein Zufall
Erste-Hilfe am Arbeitsplatz ist keine Frage des guten Willens, sondern gesetzlich verpflichtend – und praktisch unverzichtbar. Gut ausgebildete Ersthelfer*innen, klar definierte Abläufe und moderne Ausstattung schaffen nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch Vertrauen innerhalb des Teams.
Wer die Erste-Hilfe im Unternehmen wirksam umsetzen will, sollte nicht auf Minimalstandards setzen, sondern gezielt in Schulung und Organisation investieren. Ein fundierter Erste-Hilfe-Kurs ist dabei der erste Schritt – und für Arbeitgeber oft sogar kostenfrei, wenn er über die zuständige Berufsgenossenschaft organisiert wird.